ALLGEMEINES
Hufeisen und Ochseneisen sind für Trag- und Zugtiere notwendig, sobald diese für irgendwelche Einsätze in der Land- und Forstwirtschaft oder in der hobbymäßigen Reiterei benötigt werden. Im Salzkammergut kam noch die große Bedeutung der sogenannten „Traunrösser“ hinzu, welche jahrhundertlang die Salzzillen flussaufwärts zogen. Auch bei Einsätzen von Pferden in Kriegszeiten war der Schutz wegen der enormen Abnützung der Hufen unbedingt erforderlich.
Lange Zeit vor der Erfindung der Hufeisen gab es in der Römerzeit die sogenannten Hipposandalen. Dieser eiserne Hufschutz wurden den Tragtieren (Pferde, Ochsen, Maultiere) an den Huf gebunden und vor allem im schwierigen Gelände verwendet. Es gibt weltweit nirgends so viele Funde von Hipposandalen wie im Inneren Salzkammergut!
Nun drängt sich die Frage auf, wann die Hufeisen erfunden wurden. Damit beginnt auch schon die Meinungsverschiedenheit zwischen den Experten. Ein Teil der Forscher ist der Ansicht, dass die Hufeisen schon von den Kelten im 2. Jhd. v. Chr. benutzt wurden und später von den Römern übernommen wurden. Die Mehrheit der Historiker geht aber davon aus, dass die aufgenagelten Hufeisen erst ab Beginn des Hochmittelalters zum Einsatz kamen. Zuvor waren als Hufschutz nur Hipposandalen bekannt. Tatsache ist, dass es keine einzige Statue oder Zeichnung aus der Kelten- und Römerzeit gibt, wo man eindeutig Hufeisen oder Hipposandalen erkennen kann.
Die Hipposandalen
Das Wort Hipposandale kommt von den griechischen „hippo“ (Pferd). Die Verwendung war gedacht für Tragtiere wie Maultiere, Ochsen und Pferde, welche vorzugsweise in schwierigen Gelände unterwegs waren. Eine Hipposandale bestand aus einer waagrechten und annähernd rechtwinkeligen Bodenplatte, in welcher vier spitze Stollen eingeschmiedet wurden. Vorne befand sich Haken mit halber Krümmung (Zehenaufzug). Der hintere Haken (Ballenaufzug oder Bremshaken) war etwas niedriger. Wichtig waren die seitlichen Lappen, die passgenau am Huf hochgezogen wurden. Die Hipposandale wurde mit Lederriemen am Huf befestigt und ermöglichte nur ein langsames, aber sicheres Gehen im Gelände. Diese durchschnittlich 1 kg schweren Steighilfen fanden vor allem vom Ende des 1. bis zum Beginn des 5. Jahrhundert Verwendung. Vorher gab es eine Art von Pferdeschuh, welche vor allem bei kranken Hufen Verwendung fanden.
HIPPOSANDALEN
Die abgebildeten Hipposandalen stammen von der Römertrasse, welche sich von Bad Goisern nach Bad Aussee erstreckt. Am Scheitelpunkt des Weges in 1.000 m Seehöhe gab es eine römerzeitliche Saline bzw. ein Salzbergwerk.
Seit dem Jahre 1993 wurden entlang dieser Trasse rund 180 Hipposandalen und viele Einzelteile ausgegraben. Der Fundreichtum stellt weltweit ein Novum dar. Diese eiserne Vorgänger der Hufeisen sind rund 1.700 Jahr alt.
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Einzigartige Fundstellen im Inneren Salzkammergut
Wie schon eingangs erwähnt, gibt es nirgendwo auf unseren Planeten einen Ort, wo so viele Hipposandalen gefunden wurden wie im Inneren Salzkammergut! Der Schwerpunkt der Funde liegt im Gebiet vom Leislingwald zwischen Bad Goisern und Bad Aussee, wo auch eine römische Saline bzw. ein Bergwerk bestand. Es gibt aber auch viele Funde vom Koppenpass, in Obertraun, Hallstatt, Bad Goisern, Anzenau und nördlich von Bad Ischl. Jede einzelne der Fundstellen dokumentiert damit auch den Verlauf der Römerstraßen. Interessanterweise wurden am Pötschenpass bisher keine Hipposandale oder mittelalterliches Hufeisen gefunden.
Insgesamt wurden im Inneren Salzkammergut bisher rund 200 Hipposandalen ausgegraben. Dazu kommen noch etliche Einzelteile wie Stollen und Seitenaufzüge. Wenn man die ganze Sache mit den Augen der Statistik betrachtet, so wurde trotz der hohen Anzahl der Funde doch nur eine einzige Hipposandale im Laufe eines Jahres verloren. Es war trotzdem ein nicht unerheblicher Verlust, den Eisen war teuer.
Bild links: Diese Hipposandale fand ich in Obertraun oberhalb der Koppenbrüllerhöhle. Der Koppenpass ist ein uralter Übergang für den Salz-und Warentransport nach Hallstatt. Es gibt dort zahlreiche Funde aus der Bronze-, Hallstatt- und Römerzeit.
Bild Mitte: Diese Hipposandale ist eine Rarität. Es gibt nur drei statt den üblichen vier Stollen. Außerdem ist dieser Hufschutz repariert und der vordere Zehenaufzug fällt. Dieses Exemplar ist im Gemeindehaus von Obertraun ausgestellt.
Bild rechts: Eine Hipposandale unmittelbar nach der Ausgrabung. Die Restaurierung wird im Naturhistorischen Museum in Wien durchgeführt.
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MITTELALTERLICHE HUFEISEN
Diese wellenförmigen Hufeisen mit den rechteckigen Löchern sind typisch für das 11. bis 14. Jahrhundert. Man findet solche Exemplare auch in anderen Bundesländern und im benachbarten Ausland.
Typisch für diesen Typus ist die sparsame Verwendung von Eisen.
Das verwendete Eisen ist dünn und man hat mit dem damals kostbaren Material gespart. Die Tiere (Pferde, Maultier, Maulesel) waren fast um ein Drittel kleiner als gegenwärtig.
Die abgebildeten Hufeisen stammen von der Römertrasse im Leislingwald.
Die mittelalterlichen Hufeisen (Wellenhufeisen)
Entlang der Römertrasse im Leislinggebiet kamen immer wieder dünne und wellenförmige Hufeisen zum Vorschein. Die Eisen haben auf jeder Seite meistens fünf rechteckige Löcher und noch keinen Falz. Die Wellenform ist durch das direkte Stanzen der Nagellöcher entstanden. Diese Art von Hufeisen gab es vermutlich zwischen dem 9. und 14. Jahrhundert. Etwa 30 Exemplare sind aus dem Leislinggebiet bekannt. Wie schon vorher erwähnt, lagen diese interessanten und seltenen Hufeisen in der gleichen Schicht wie die Hipposandalen oder tiefer. Meiner persönlichen Meinung nach wurden dieser Hufschutz durch den kleineren Querschnitt tiefer in den Boden eingedrückt.
Ich vermute, dass die wellenförmigen Hufeisen aus dem 11. bis 13. Jahrhundert oder noch früher stammen und unmittelbar mit dem mittelalterlichen Salzabbau am Michlhallberg zusammenhängen. Damals gab es der Überlieferung nach eine Saline bei Altaussee und in der Seeau am nördlichen Ende vom Hallstättersee. Es ist ein weiteres Indiz dafür, dass schon lange vor der Markterhebung von Hallstatt im Jahre 1311 durch Königin Elisabeth in der Gegend eine Salzwirtschaft existierte.
Die Hufeisen aus der neueren Zeit
Im 15. Jahrhundert hat man scheinbar die Technik der Hufeisenerzeugung verbessert. Die wellenförmige Form verschwindet komplett und die Eisen wurden zunehmend breiter, schwerer und die Löcher kleiner. Aber auch die Pferde wurden durch spezielle Züchtungen größer und kräftiger. Diese Hufeisenformen wurden lange beibehalten, sodass es heute für Laien schwer festzustellen ist, ob das Hufeisen 300 Jahre oder 100 Jahre in der Erde lag. Grundsätzlich haben Hufeisen von der Vorderhand meist kreisrunde, von der Hinterhand ovale Formen.
Eine Sonderform in unserer Heimat bilden die verstellbaren Hufeisen, welche vorzugsweise von den ehemaligen Traunreitern mitgeführt wurden, um bei Bedarf eine Nothilfe zu Hand zu haben.
NEUZEITLICHE HUFEISEN
Bei den vielen neuzeitlichen Hufeisen ist es selbst für den Fachmann schwierig, eine eindeutige Altersbestimmung durchzuführen.
Es kam darauf an, wo diese Tiere eingesetzt wurden und natürlich hatte jeder Hufschmied seine eigenen Techniken und Vorstellungen.
Für Reitpferde gibt es heute eine große Auswahl von Hufeisenformen und neben dem altbewährten Eisen werden fallweise Legierungen und Kunststoff verwendet.
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Die heutige Situation
Die Hufeisen der heutigen Generation sind nicht nur aus Stahl, sondern bei Reitpferden teilweise auch aus Kunststoff oder Metalllegierungen. Alle Ausführungen haben Vor- und Nachteile. Der selbstständige Hufschmied selbst ist zur Rarität geworden. Heute übernehmen meist fahrende Betriebe diese wichtige und verantwortungsvolle Aufgabe. Ein eingesetztes Pferd sollte alle vier bis sechs Wochen neu beschlagen werden.
Persönlich habe ich bei einem Schmiedemeister in Bad Goisern die kfm. Lehre absolviert und dabei oft beim Beschlagen zugesehen. Ich „höre“ noch die Flüche vom Schmiedemeister Franz Bresnik (heute Autohaus Limberger), wenn sich das Pferd oder meistens der Ochse bei der Prozedur nicht ruhig hielt. Übrigens gab es um 1900 noch sieben Schmiedebetriebe alleine in Bad Goisern.
Ochseneisen
Die Ochseneisen wurden Ochsen oder Kühe an den Paarhufen angenagelt. Meist wurde dabei nur die äußere Klaue beschlagen. Diese Eisen wurden ebenfalls mit Hufnägel befestigt, wobei auch hier die notwendigen Arbeiten vom Hufschmied sorgfältig durchgeführt wurden. Solche Ochseneisen findet man relativ häufig auf Ackerböden oder Zugwegen und öfters mitten im Wald. Seit etwa 1960 werden kaum noch Ochsen beschlagen. Die braven Tiere wurden durch moderne Transportmittel abgelöst.
Hufeisen als Glücksbringer
Wer ein Hufeisen zufällig findet, dem soll ein besonderes Glück beschieden sein. Besonders dann, wenn auch noch ein paar Hufnägel vorhanden sind. Dieser Aberglaube dürfte darauf zurückzuführen sein, dass der Verlust eines Hufeisens in der Vergangenheit besonders für Bauern eine kostspielige Angelegenheit war.
Heute noch findet man oft auf Stallungen, Bauernhäusern, Almhütten ein aufgenageltes Hufeisen Je nach Glaubensvorstellung ist dabei die Öffnung nach oben, rechte Seite oder nach unten gerichtet. Hufeisensymbole als Glücksbringer in Form von Amuletten, Anhängern oder Zeichnungen sind allgemein bekannt.
Ausblick
Ich habe zwischen Obertraun und Kösslbach bei Bad Ischl insgesamt 42 Hipposandalen ausgegraben. Ein restauriertes Exemplar ist in der Gemeinde Obertraun und eines im Originalzustand im Naturmuseum Ebensee ausgestellt. Alle anderen, rund 1700 Jahre alte Originale, sind entgegen meiner persönlichen Wunschvorstellung, in irgendeinen Museum in der Steiermark deponiert. Zu meinen Ausgrabungen zählen noch rund 20 Stück mittelalterliche und 70 neuzeitliche Hufeisen, wobei keines dem anderen gleicht. Wahrscheinlich liegen noch tausende von Hufeisen und sicher auch noch Hipposandalen in unseren Heimatböden und jedes einzelne Stück könnte eine Geschichte erzählen.
Denkmalschutz
Die derzeit bekannte Römertrasse zwischen Bad Goisern (Flohwiese) und Bad Aussee (Waldgraben) steht unter Denkmalschutz. Grabungen sind deshalb grundsätztlich verboten. Eventuelle Funde von Hipposandalen oder anderen antiken Gegenständen auch außerhalb des erwähnen Gebietes müssen dem Bundesdenkmalamt gemeldet werden.
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Teilplan der Römertrasse im Leisling *** Bronzene Steighilfen (Koppen ) *** Hipposandalen vom Koppen
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