GOSAUKAMM: DER MANDLKOGEL

ALLGEMEINES

Von den vielen Gipfeln und Graten des Gosaukamm ist sicherlich der Große Mandlkogel einer der eindrucksvollsten Felsaufbauten. Es handelt sich um einen dreizackigen, mächtigen Felsenturm innerhalb der sogenannten Gamsfeld-Gruppe. Die mit einer Ausnahme klettertechnisch schwierig erreichbaren Gipfel haben dabei eine Höhe von rund 2.250m. Besonders schön sind die senkrechten Wände und die dazwischen liegenden Kare vom Vorderen Gosausee zu sehen. Bei Windstille spiegeln sich die Gipfel im Gosausee.

Berühmt geworden ist vor allem die Nordkante vom Nördlichen Mandlkogel. Hier stürzte mittlerweile vor über hundert Jahren einer der besten Freikletterer aller Zeiten in den Tod.

 

Nordwestlich vom Großen Mandlkogel befindet sich der mit einem Gipfelkreuz versehene Angerstein und südöstlich davon der Wasserkarkogel. Beide Berge sind nur unwesentlich niedriger. Zwischen dem Südlichen Mandlkogel und dem Mittleren Mandlkogel erhebt sich  der Geisterkogel. Letzterer Gipfel wird manchmal mit dem Mittleren Mandlkogel verwechselt.

 

Es ist auffällig, dass im Dachsteinführer Ausgabe Jahr 1922 von Alfred Radio-Radiis noch Manndlkogel geschrieben wurde. 

 

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Linkes Bild: Die Zacken der Mandlkogelgruppe gehören zu den auffälligsten Felstürmen im Gosaukamm.

Rechtes Bild: Vom Großen Donnerkogel aus übersieht man den ganzen Gosaukamm und den Hohen Dachstein.

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Mittlere Mandlkogel (2.268 m)

Der Gipfel ist verhältnismäßig leicht erreichbar. Beliebtester Ausgangspunkt ist die Theodor Körner Hütte bzw. die Stuhlalm auf der südlichen Seite vom Gosaukamm. Die Gehzeit auf den Gipfel über das Gamsfeld beträgt etwa 2 ½ Stunden. Ein weiterer und schwieriger Zustieg führt aus der Weiten Zahring zum Hauptgipfel.

Wegen der günstigen Erreichbarkeit wurde dieser Gipfel nachweislich schon Ende des 19. Jahrhunderts erstiegen. Als offizieller Erstbesteiger werden K. Plasser und Chr. Urstöger angeführt. Aber auch L. Purtscheller wird in der Chronik erwähnt. Die SW-Kante wurde 1913 von Hans Reindl und den Brüder Steinmeier erstmals bezwungen. Die schwierige, etwa 350 m hohe Südwand wurde 1928 durch L. Prusik und L. Wüher erstbestiegen. Die erste Route durch den Südwandkamin wurde 1946 von H. Peterka und I. Obermüller angelegt.

 

Südlicher Mandlkogel (2.277 m)

Es ist die höchste Erhebung im diesem Dreiergestirn, wenngleich er seine Nachbarn nur um wenige Meter überragt. Grundsätzlich ist es ein schwierig erreichbarer Gipfel. Der noch leichteste Anstieg erfolgt von der Mandlscharte. Der Überstieg vom Mittleren Mandlkogel, der Anstieg durch die Südwand oder durch die Südwandschlucht erfordern schon klettertechnisches Können. Noch schwieriger ist der Durchstieg durch die 400 m hohe Nordwand, wobei der häufige Steinschlag eine zusätzliche Gefahr darstellt.

Die Erstbesteigung der Südwand erfolgte 1930 durch Manfred Krüttner, Peter und Sepp Schintlmeister und Dr. Karl Willvonseder. Im gleichen Jahr gelang Josef Kofler, Hans Maier, Hubert Peterka und Fritz Proksch der erste Durchstieg durch die Nordwand.

  

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Linkes Bild: Zwischen Licht und Schatten strebt die kühne Kante vom Nördlichen Mandlkogel himmelwärts.

Rechtes Bild: Das Denkmal am Vorderen Gosausee erinnert an Paul Preuss, welcher 1913 auf der Kante abstürzte.

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Nördlicher Mandlkogel (2.251m)

Dieser Gipfel gehört durch seine exponierte Lage zu den auffälligsten Felstürmen im gesamten Gosaukamm. Die gut 250 m hohe Wand fällt senkrecht gegen den Vorderen Gosausee ab. Die äußerst schwierigen Anstiege durch die Nordkante oder die Nordverschneidung gehören zu den alpinen Klassikern.

Die Erstbesteigung erfolgte vermutlich von L. Putscheller im Jahre 1888 von der Südseite her über die sogenannte Gamsriese. Über die SW-Kante wurde der Gipfel erstmalig 1922 von den Brüdern Steinmaier bezwungen.

Großes Aufsehen in Bergsteigerkreisen erregte dann 1923 die Erstbesteigung der Nordkante durch E. Hein und K. Schreiner. Diese erfolgte erst zehn Jahre später nach dem Absturz von Dr. Paul Preuß.

Die Ostwand bzw. Ostkante erstiegen erstmals A. Lethner und J. Mulzet im Jahre 1925.

Die noch schwierigere Nordverschneidung wurde zum ersten Mal von K. Hermüller und R. Steiger 1927 durchgeführt.

 

Dr. Paul Preuß stürzt in den Tod

Am 13. Oktober 1913 stieg der 27-jährige gebürtige Wiener und in Altaussee lebende Dr. Paul Preuß alleine in die Nordkante ein. Zuvor hatte er im Gosaukamm schon einige schwierige Erstbegehungen durchgeführt. Vermutlich von der Vorderen Scharwandalm aus bzw. vom Steiglweg stieg er durch die Gamsriese bis zum Wandeinstieg. Er hatte schon die größten Schwierigkeiten hinter sich, als im oberen Wandteil wahrscheinlich ein Felsgriff ausbrach. Einer der  besten Freikletterer aller Zeiten stürzte in den Tod. Erst 11 Tage später fand man seinen zerschmetterten Körper im Kar unterhalb der Nordkante.

Paul Preuß hat in seinem kurzem Leben 1200 Fels-, Ski- und Hochtouren durchgeführt. Davon waren 150 Erstbegehungen in teilweise schwierigsten Fels. Das Freiklettern ohne zusätzliche Sicherung war seine Leidenschaft. Verschiedene Gipfel, Routen und Hütten sowie eine Straßenbezeichnung in München und ein Denkmal im Altaussee erinnern an einen der besten Kletterer aller Zeiten.

 

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Nordöstlicher Mandlkogel (2245 m)

Es handelt sich hier um einen völlig isoliert stehenden Felszacken nordöstlich vom eigentlichen Nördlichen Mandlkogel mit einem schwierigen Verbindungsgrad. Auch hier führen verschiedene Routen durch die senkrechte Wand. Die separate Bezeichnung „Nordöstlicher Mandlkogel“ findet man in keiner Karte und ist nur in Kletterkreisen bekannt.

Die Erstbegehung erfolge durch J. Mucket und S. Stahrl im Jahre 1924. Ein Jahr später erreichten A. Leithner und J. Matzel durch den Nordwandkamin den Gipfel. Über die extrem schwierige Nordverschneidung mit 250 m Felshöhe erreichten F. Nelböck, L. Gruber, Fritz und Leopold 1947 erstmals den Gipfel.

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Paul Preuss, einer der berühmtesten Kletterer aller Zeiten, stürzte im Oktober 1913 auf der Nördlichen Mandlkogelkante in den Tod. Im Jahre 2013, genau 100 Jahre später nach dem Unglück, wurde am Vorderen Gosausee eine Gedenkfeier abgehalten. Zu diesem Anlass stiegen Mitglieder der Bergrettung Gosau in die sehr schwierige Wand ein und  beleuchteten die Kante.

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Gedenkfeier zum 100. Todestag

Anlässlich dieses Gedenktages im Jahre 2013 wurde am Vorderen Gosausee eine würdige, musikalisch umrahmte Feier abgehalten. In diesem Rahmen erfolgte von Reinhold Messner eine Ansprache und bei der Talstation von der Seilbahn auf die Zwieselalm wurde ein Denkmal eröffnet.

Am Abend stiegen etliche Mitglieder der Gosauer Begrettung in die Wand ein und beleuchteten die berühmte Kante mit rotem Licht. Dieses eindrucksvolle Schauspiel war gut vom Gosausee zu sehen. Leider mussten die Kletterer den Abstieg aus der Wand im Regen durchführen.

 

Konkurrenz auch beim Bergsteigen

Beim Studium der privaten alpinen Literatur von Radiis ist mir gerade bei den Erstbesteigungen rund um den Nördlichen Mandlkogel folgendes aufgefallen: Es gab hier nicht nur die vielbesungene und unerschütterliche Bergkameradschaft, sondern manchmal eine handfeste Konkurrenz untereinander! Aber jeder dieser Extremkletterer verdient vollen Respekt und Anerkennung. Man muss sich nur die damalige Ausrüstung vorstellen, welche die Alpinisten zur Verfügung hatten.

 

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Der gesamte Gosaukamm übt auf alle Besucher einen geradezu magischen Anziehungspunkt aus. Aber auch Einheimische freuen sich immer wieder über diese grandiose Naturlandschaft auf der Westseite vom Dachsteingebirge.

 

Hunderttausende Menschen besuchen  jährlich Gosau und die Gosauseen. Das ganze Gebiet ist durch schöne Wanderwege und Seilbahnen gut erschlossen.

 

Wer die Möglichkeit hat, dem empfehle ich einen Abendpaziergang entlang vom Vorderen Gosausee!

 

 

+  +  +    www.norbertleutner.at   +  +  +