ALLGEMEINES
Es ist mittlerweile über 60 Jahre her, dass zwischen Bad Ischl und Salzburg die sogenannte Salzkammergut-Lokalbahn (SKGLB) fuhr. Der auch als „feurige Elias“ bezeichnete Zug ist den älteren Menschen noch gut im Gedächtnis geblieben. Sie erinnern sich gerne an die schnaufenden Dampflokomotive mit den kleinen Waggons, welche auf Schmalspurgleisen (Spurweite 760 mm) durch die schöne Landschaft brauste. „Brauste“ ist natürlich gewaltig übertrieben, denn die Bahn brauchte für die 63.2 Kilometer (mit Nebengleisen 66.9 km) lange Strecke nach Salzburg etwas über drei Stunden. Auf der gesamten Bahnanlage gab es sechs Tunnels und vierundzwanzig Brücken.
Das Bild zeigt den Verlauf der Salzkammergut-Lokalbahn zwischen Bad Ischl und dem Wolfgangsee.
Zwischen der Endstation Bad Ischl und der Station Kaltenbach fuhr der Zug durch einen 688 m langen Tunnel durch den Kalvarienberg.
Das Gemälde befindet sich im Verkehrs- und Ischlerbahnmuseum Mondsee.
Dafür aber hatte der Reisende die Muse, die landschaftlich so schöne Fahrt ab Bad Ischl und dann entlang vom Wolfgangsee und Mondsee bis in die Mozartstadt so richtig zu genießen. Vom wirtschaftlichen und touristischen Standpunkt betrachtet war diese Privatbahn ungemein wichtig. Es ist heute unverständlich, warum die Salzkammergut-Lokalbahn im Jahre 1957 eingestellt wurde.
Im Jahre 1890 wurde die Konzession zum Bau der Schmalspurbahn an das private Unternehmen „Stern und Hafferl“ erteilt. Zur gleichen Zeit wurde auch der Bau der Schafbergbahn in Angriff genommen. Nachdem zwei Weltkriege an der SKGLB, zwar nicht schadlos, aber doch vorübergegangen waren, wurden offiziell vor allem finanzielle Gründe genannt, welche den Betrieb nach 67 Jahren zur Aufgabe zwangen. Tatsächlich war es eine engstirnige politische Entscheidung, welche in Wien trotz massiven Widerstand der Landesregierungen von OÖ und Salzburg, den Bürgermeistern aller angrenzenden Gemeinden und nicht zuletzt der Bevölkerung gefällt wurde.
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Im sehenswerten Verkehrs- und Ischlerbahnmuseum in Mondsee sind noch drei Originallokomotiven und mehrere Waggons zu bewundern. Ebenso sind dort viele weitere Utensilien wie Fahrpläne, Werkzeuge und Bilder deponiert.
Die nachfolgenden drei Aufnahmen wurden im erwähnten Museum gemacht.
Bild 1: Die Salzkammergut-Lokalbahn auf der Fahrt in Richtung Salzburg entlang vom Wolfgangsee.
Bild 2: Nach Ischl fuhr der Zug mit dem "Tender voraus", nachdem es keine Drehscheibe gab.
Bild 3: Die letzte offizielle Fahrt der Bahn im Jahre 1957 wurde von zahlreichen Menschen bedauert.
Die Geschichte dieser „Ischler Bahn“ wurde mehrfach in der Literatur beschrieben. Am bekanntesten ist wahrscheinlich das im Jahr nach der Bahneinstellung erschienene und längst vergriffene Buch von Josef Otto Szelak.
Persönlich hatte ich als elfjähriger Schüler aus Hallstatt noch die Möglichkeit, mit dieser Bahn nach Salzburg zu fahren. Es war im Jahre 1957 kurz vor dem endgültigen Einstellen der Bahn im Rahmen eines Schulausfluges.
Als 1890 die Bahn eröffnet wurde, stand der Abfahrt- bzw. Zielbahnhof von Bad Ischl noch in der Nähe der „Villa Felicitas“, heute besser bekannt als die „Schratt-Villa“. Als letztes Teilstück wurde zwei Jahre später der Kalvarienberg untertunnelt und somit der Anschluss zur damaligen Rudolfbahn (Attnang-Puchheim – Steinach-Irdning) hergestellt.
Bild 4: Der ehemalige Eingang auf der Kaltenbachseite (Südseite) ist komplett verbaut und nicht mehr zugänglich.
Bild 5: Auf der Nordseite in der Ortschaft Steinbruch existiert eine versperrte eiserne Tür.
Bild 6: Am Beginn und Ende des 688 m langen Stollen befinden sich dünne Tropfsteine (Stalaktiten) an der Decke.
Der Kalvarienberg-Tunnel
Der ehemalige Eisenbahntunnel ist 688 m lang und einer der ältesten Untertageanlagen dieser Art in Oberösterreich. Das nur ganz leicht ansteigende Tunnel in durchschnittlich 480 m Höhe erstreckt sich ziemlich genau von Norden nach Süden durch den sogenannten 606 m hohen Kalvarienberg. Der Kalvarienberg-Tunnel ist trotz der Entstehungszeit am Ende des 19. Jahrhunderts in einen erstaunlich guten Zustand. Der Tunnel wurde in den Jahren 1891/1892 erbaut und war das letzte Teilstück der Salzkammergut-Lokalbahn. Vom Hauptbahnhof - damals Staatsbahnhof - bis zum Südportal waren es 2.3 km.
Begonnen wurde der Tunnelbau auf der Nordseite vom Kalvarienberg in der Ortschaft Steinbruch. Etwas später wurde der Vortrieb von Süden her von der Ortschaft Kaltenbach begonnen. Der Zusammenschluss beider Röhren erfolgt am 5. Aug. 1893. Meistens waren an die hundert Bergleute und vierundzwanzig Maurer in 24 Stundenbetrieb eingesetzt. Dabei wurden 12.000 kg Dynamit verbraucht.
Es gibt nicht allzu viele Aufzeichnungen über diesen längsten Tunnel auf der gesamten Bahntrecke. Man weiß auch nicht mehr, wer die Arbeiter waren. Nach einigen Glasfunden in den Seitenteilen vom Tunnel zu schließen, waren italienische Arbeiter beteiligt.
Bild 7-9: Einzigartige Wandversinterungen im Kalvarienbergtunnel, wo bis 1957 die Salzkammergut-Lokalbahn durchfuhr.
Lage und Umgebung
Das ehemalige Südportal in der Ortschaft Kaltenbach ist komplett verbaut und im Gelände nicht mehr erkennbar. Hinter dem ehemaligen Eingang steht ein Haus und direkt bei der Tunneleinfahrt ein Holzzaun. Nur mehr ältere Bewohner konnten angeben, wo einst die Trasse verlief.
Das Portal auf der Nordseite (Ortsteil Steinbruch) ist ebenfalls abgemauert, aber mit einer verschlossenen Eisentür versehen. Dieses Nordportal befindet sich rund 140 m entfernt von der B145 (Wolfgangsee Straße) in der Höhe der sogenannten „Schrattvilla“ am Ende einer wirtschaftlich genutzten Wiese (vulgo Faberbauer ) bzw. am Beginn eines ansteigenden Waldes. Der von der Straße aus nicht sichtbare Tunneleingang befindet sich auf privaten Grund. Vor dem Portal sind noch die Begrenzungsmauern aus groben Steinen erhalten und nur auf einer Stelle abgebrochen.
Der erste Teil des Tunnels auf der Nordseite ist bis zur Streckenlänge 171.9 m abgemauert. Der mittlere Abschnitt ist 288.2 m lang und unvermauert. Die restliche Tunnelstrecke bis zum Südportal von 227.9 m Länge ist wieder ausgemauert. Ursprünglich war das Tunnel etwas anders geplant, musste aber aus geologischen Gründen etwas länger werden.
Die Tunnelanlage wird auch von der Energie AG. genützt.
Die Vegetation vor dem Eingang ist typisch für einen feuchten und sonnenarmen Ort. Der anschließende und ansteigende Mischwald besteht aus etwa 80 % Buchen und 20 % Fichten. An Tieren wurden Eichkätzchen, Krähen, Buntspechte, Singvögel sowie Dachse beobachtet. Etwa 60 Höhenmeter über den Stollen verläuft der Elisabeth-Waldweg.
Etwas oberhalb und westlich des Nordportales befindet sich ein kleines Wasserschloss mit Überlauf. Diese kühle, ganzjährig aktive Quelle dient als privater Trinkwasserspeicher und dürfte aus einer gewissen Tiefe hochsteigen. Bei einer früheren Bodenuntersuchung etwas westlich der Quelle wurde eine etwa 20 m dicke Ablagerung aus dem Quartär festgestellt. Darunter befindet sich vermutlich eine rund 120 m dicke Schicht aus ausgelaugten Haselgebirge. Dann folgt ein relativ salzhaltiges Gebirge von rund 450 m Stärke. Einige hundert Meter westlich vom Brunnen befindet sich die im Jahre 1840 gefasste, salzhaltige „Luisenquelle.“
Es gibt zwischen Traunkirchen und Altmünster noch einen weiteren "Kalvarienbergtunnel", welcher paradoxerweise sogar älter ist als jener in Bad Ischl. Dieser Tunnel ist 159 m lang und wird seit 1877 von der Salzkammergutbahn (Strecke Attnang-Puchheim nach Stainach-Irdning) durchfahren.
Bilder können mit Anklicken vergrößert werden.
Bild 10-12: Besondere Versinterungsformen und Ablagerungen an der Sohle des ehemaligen Eisenbahntunnels.
Bild 13-21: Tropfsteine, Versinterungen und Ablagerungen im Kalvarienberg-Tunnel bei Bad Ischl.
Geologie und Hydrologie
Aus geologischer Sicht durchörtert dieser Tunnel einige Gesteinsschichten aus dem Erdmittellelalter, nämlich aus der unteren Kreidezeit und der mittleren Jurazeit. Im nordseitigen Portal befindet sich anfangs noch Moränenmaterial, also Ablagerungen aus den letzten Eiszeiten. Dann folgt eine 170 m lange Strecke in kreidezeitlichen Ablagerungen. Der Hauptabschnitt führt dann rund 290 m durch geologisch ältere Juraablagerungen. Dieser etwa 150 Millionen alte und helle Gestein wird als Plassenkalk bezeichnet und ist auch oberflächig auf der Kalvarienberghöhe gut zu erkennen. Die letzten 210 m vom Tunnel bis zum ehemaligen Südportal führt wieder durch Gesteine aus der etwas jüngeren Kreidezeit. Die maximale Deckenüberlagerung beträgt dabei etwas über 100 m.
Dieser 125 Jahre alte Tunnel weist vor allem im unverbauten, mittleren Abschnitt sehenswerte farbige Sinterbildungen auf. Im Bereich der Eingänge beim Süd- und Nordportal befinden sich bis zu 80 cm lange, weiße oder leicht ockerfarbene Sinterröhrchen an der Decke. Diese filigranten Gebilde geben im Zusammenhang mit der schwarzen Umgebung (Ruß) einen bizarren Farbkontrast.
Besonders schön sind die Wandversinterungen in der Tunnelmitte. Der Formenreichtum der Kalkablagerungen ist bemerkenswert. Besonders auffällig sind korallenartige und perlenartige Ausblühungen in Bodennähe. Das Farbspektrum reicht dabei von weiß über gelblich, orange, schwarz und verschiedenen Rotstufen.
Auffällig sind auch die besonders im Mittelteil des Tunnels vorhandenen Sinterplatten an der Sohle. Der Boden ist hier stellenweise bis zu einer Höhe von etwa 12 cm mit Tropfwasser bedeckt. Im Wasser befinden sich einige bizarre Tropfsteinbildungen, welche wahrscheinlich als Excentrics bezeichnet werden können.
Die Raumtemperatur beträgt im mittleren Tunnelabschnitt +10.3 Grad C (Monat April) und liegt damit etwas über dem Jahresmittel. Die Luftfeuchtigkeit ist relativ hoch.
Die GPS-Koordinaten beim Nordportal lauten N 47-43-005 E 13-36-19.7.
Bild 22-27: Versinterungen an der Sohle und an den Seitenwänden. Diese befinden sich im unverbauten Mittelteil.
Forschungen im Jahre 2019
In den letzten knapp 60 Jahren seit dem Einstellen der Bahn hat sich in den komplett abgeschlossenen und lichtlosen Raum einiges verändert.
Aufgrund von geologischen Besonderheiten wurde das Naturhistorische Museum in Wien (Karst- und höhlenkundliche Abteilung) verständigt. Das NHM hat sofort zugesagt, diese außergewöhnlichen Sinterbildungen (vermutlich in Österreich einzigartig) wissenschaftlich zu untersuchen. Wie weit das erzeugte Magnetfeld neben der Starkstromleitung der Energie AG. an der Tunnelsohle eine Rolle für die abnormen Sinterbildungen spielt, wird derzeit noch untersucht. Das Ergebnis wird dann an dieser Stelle veröffentlicht.
Fazit
„Zwischen Salzburg und Bad Ischl, pfeift a liabe kloane Eisenbahn ….“ heißt auch eine bekannte Melodie, welche man noch fallweise im Rundfunk hört und überraschenderweise noch viele Salzkammergutbewohner kennen. Hätte man 1957 den nötigen Weitblick gehabt, so würden heute höchstwahrscheinlich die alten Lokomotiven und / oder eine moderne Schnellbahn das westliche Salzkammergut erschließen. Den Anschluss an das europäische Bahnfernnetz gab es damals schon.
In Mondsee sind noch einige der Lokomotiven, Waggons und Urkunden in Verkehrs- und Ischlerbahnmuseum ausgestellt. Eine weitere Dampflok von der Murtalbahn mit einen SKLB-Eisenbahnwaggon kann man beim Ischler Bahnhof besichtigen.
Derzeit gibt es Bemühungen durch eine private Interessengemeinschaft, wenigstens einen Teil der Trasse wieder zu aktivieren.
* * * Kalvarienbergkirche * * * Verkehrs- und Ischlerbahnmuseum * * * Stadtmuseum Bad Ischl * * *
Dieser Situationsplan aus dem Jahre 1893 zeigt deutlich den gesamten Verlauf der Bahn innerhalb von (Bad) Ischl.
Die Unterlage wurde von Werner Schleritzko, dem Autor mehrerer Bücher über die Salzkammergut-Lokalbahn, zur Verfügung gestellt.
Zukunftsperspektiven
Es handelt sich hier um meine persönliche Vorstellungen mit mehreren Alternativen.
* Antrag auf Schutzstellung als Industrie- und /oder Naturdenkmal.
* Eröffnung als zeitweise geöffnetes Schautunnel. Der etwa 140 m lange Anfangsteil sollte mit weißen Schotter an der Sohle zwecks Kontrast zum rußschwarzen Tunnel aufgeschüttet werden. Dann müsste ein etwa 1m hoher Steeg mit Geländer über und bis zu den Versinterungen führen. Im Hintergrund (Südseite) könnte eventuell eine Simulierung von Lokomotivgeräusch und Beleuchtung erfolgen. INFO-Tafeln an den Seitenwänden sollten die ehemalige Bahn dokumentieren.
* Anbringen eines Gitters statt der Eisentür (Fledermausschutz).
* Pilzzucht.
* Zivilluftschutzkeller.
* Spezialführungen im Rahmen der Kulturhauptstadt 2024.
Die Ischler Bahn
Das früher oft gesungene Lied aus dem Jahre 1950 von Heinz Musil und Albin Ronnert.
.. und jetzt schaun sie sich das einmal an:
Ja was kummerlt denn da: eine Bahn!
Nur paar Wagerl, a Lokomotiv, aber jeden begeistert der Pfiff.
Zwischen Salzburg und Bad Ischl
Fahrt man in den grünen Wald hinein,
pfückt vom Almenrausch a Büscherl
und dann steigt man wieder ein.
Ja der eine hat`s leicht und der andere hat`s schwer,
schau das Lokomotiverl das plagt sich so sehr,
und so manchem im Zug geht es da durch den Sinn,
ja auch ich muß mein Anhängsel ziehn.
Zwischen Salzburg und Bad Ischl
Fahrt a liabe kloane Eisenbahn,
rast a bissl, rennt a bissl, bis sie nimmer weiter kann.
Doch einmal kommt die Endstation,
vielleicht träumt ihr gar einmal davon.
Von der uralten Lokomotiv
Als wenn sie bis zum Abschied noch rief.
Zwischen Salzburg und Bad Ischl
pfeift a liabe kloane Eisenbahn,
raucht a bisserl, pfaucht a bisserl
und dann taucht sie wieder an.
Zwischen Salzburg und Bad Ischl
fahrt man i n den grünen Wald hinein,
pfückt vom Almenrausch a Büschel,
und dann steigt man wieder ein.
Ja der eine hat`s leicht und der andere hat`s schwer,
schau das Lokomotiverl das plagt sich so sehr,
und so manchem im Zug geht es da durch den Sinn,
ja auch ich muß mein Anhängsel ziehn.
Zwischen Salzburg und Bad Ischl
fahrt a liabe kloane Eisenbahn,
rast a bissl, rennt a bissl, bis sie nimmer weiter kann.
Bis sie einmal nimmer weiter kann!
Verwendete Literatur
"Geologische und bauliche Dokumentation eines frühen Tunnelbauprojektes Kalvarienbergtunnel (Bad Ischl, Oberösterreich) von Hans Jörg Laimer, 2015. (Im Internet abrufbar).
Weiterführende Literatur
"Die Salzkammergutbahn" von Hermann Demel. Freischmied. (Erschienen 1966)
"Zwischen Salzburg und Bad Ischl" von Irmgard und Arthur Gollner. (Erschienen 2011)
"Mythos Ischlerland", Band 1-3 von Werner Schleritzko
Mehrere Veröffentlichungen von Josef Otto Slezak
Danksagung
Wir bedanken uns bei Familie Plamberger und Familie Gamsjäger für die Erlaubnis zum Betreten des Grundstückes sowie der Stadtgemeinde Bad Ischl für das Entgegenkommen.
Fotos: Die Aufnahmen von Bild 10 bis 12 stammen von Heiner Thaler, alle anderen vom Verfasser.
* * * www.norbertleutner.at * * *